14. Oktober 2016 — Gedenktafel-Enthüllung zu Ehren von Emma Ihrer — 16.30 Uhr, Marthastraße 10, 13156 Berlin
Emma Ihrer (1857-1911) war eine Vorkämpferin für die Gleichstellung und Absicherung weiblicher Berufstätigkeit. Ihr Haupttätigkeitsfeld fand sie in gewerkschaftlichen Bestrebungen, daneben unterstützte sie die Parteiarbeit der SPD. Innerhalb der sozialistischen Bewegung trat sie vehement für gleiche Rechte der Frauen sowohl im Privat- als auch im Arbeitsleben ein.
Geboren am 3. Januar 1857 wuchs Emma Ihrer in Glatz in Schlesien auf und absolvierte eine Lehre zur Putzmacherin. Nach der Heirat mit dem Apotheker Emmanuel Ihrer zog sie 1881 nach Berlin, wo sie in ihrem erlernten Beruf tätig war und den Frauen-Hilfsverein für Handarbeiterinnen mitgründete. Obgleich selbst aus bürgerlichen Kreisen stammend, wandelten sich Ihrers politischen Überzeugungen rasch, bald wurde sie in sozialistischen Initiativen tätig. 1885 wurde sie Mitbegründerin und erste Schriftführerin des Vereins zur Wahrung der Interessen der Arbeiterinnen. Kurz darauf zog Ihrer nach Velten bei Oranienburg um, wo ihr Mann eine Apotheke betrieb. Sie engagierte sich beständig weiter in der proletarischen Frauenbewegung, zusammen mit Clara Zetkin war sie 1889 Delegierte zum Internationalen Sozialistenkongreß in Paris. 1890 wurde sie als erste Frau in den Vorstand der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands gewählt, dem sie zwei Jahre lang angehörte. Daneben war sie publizistisch tätig, von 1892 bis 1907 gab sie die Zeitschrift Die Gleichheit. Zeitschrift für die Interessen der Arbeiterinnen heraus. 1894 kamen die Eheleute Ihrer dem aus politischen Gründen drohenden Entzug der Apotheken-Konzession durch einen Verkauf zuvor und zogen nach Pankow. Am 8. Januar 1911 verstarb Emma Ihrer in Berlin.
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Fotos: © Historische Kommission zu Berlin e.V. (Ellen Franke) & Landesarchiv Berlin (Thomas Platow)
22. August 2016 — Gedenktafel-Enthüllung zu Ehren von David Bowie — 11 Uhr, Hauptstraße 155, 10827 Berlin-Schöneberg
Am 8. Januar 1947 im Londoner Stadtteil Brixton als David Robert Jones geboren, stieg der Musiker a.k.a. David Bowie nach 1969 zu einem der einflussreichsten und erfolgreichsten Musiker der vergangenen Jahrzehnte auf. Seinen Durchbruch brachten der Titel Space Oddity und die Kunstfigur Ziggy Stardust. Mit zahlreichen Welthits prägte der Superstar die Popmusik; ca. 140 Millionen verkaufte Platten zeugen von dem enormen Erfolg. Der Sänger, Komponist, Schauspieler, Tänzer und Maler erfand sich in schillernden Rollen immer wieder neu. Von 1976 bis 1978 lebte der Verwandlungskünstler in der Hauptstraße 155 in Berlin-Schöneberg. Hier in der geteilten Stadt gelang ihm nicht nur der Drogenentzug, vielmehr entstanden in den Kreuzberger Hansa Studios die legendären Alben Low und Heroes, die zusammen mit Lodger als Berliner Trilogie in die Musikgeschichte eingingen. Seine Berliner Zeit nannte Bowie eine seiner »überschwänglichsten, kreativsten Phasen meines Lebens«. Mit Heroes schrieb er die heimliche Hymne Berlins.
Zwei Tage nach seinem 69. Geburtstag – am 10. Januar 2016 – erlag der Ausnahmekünstler einem schweren Krebsleiden. Mit der Gedenktafel ehrt das Land Berlin eine der Legenden der jüngeren Musikgeschichte.
»We can be heroes, just for one day«
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Fotos: © Historische Kommission zu Berlin e.V. (Ellen Franke) & Landesarchiv Berlin (Thomas Platow)
1. August 2016 — Gedenktafel-Enthüllung zu Ehren von Heinrich Finkelstein — 15 Uhr, Reinickendorfer Straße 61, 13347 Berlin
1865 in Leipzig geboren, studierte er zunächst Geologie in München und wandte sich ab 1888 einem Studium der Medizin in seiner Heimatstadt Leipzig zu. 1892 zum Doktor der Medizin promoviert, war er ab 1894 in der Berliner Charité als Assistent tätig und habilitierte sich 1899 mit einer Arbeit Über Mittelohrentzündung bei Säuglingen. 1918 übernahm er die Leitung des Kaiser- und Kaiserin-Friedrich-Kinderkrankenhauses als Ärztlicher Direktor und wirkte dort bis zu seiner Emeritierung am 1. März 1933. Heinrich Finkelstein verband in seiner beruflichen Karriere die praktische Tätigkeit als Kinderarzt äußerst erfolgreich mit der wissenschaftlichen Forschung. Unzählige Publikationen entsprangen seiner Feder, darunter das Lehrbuch für Säuglingskrankheiten, das zum Standardwerk wurde und in mehreren Auflagen – auch im Ausland – erschien. Es vermittelte Generationen von Kinderärzten Fachwissen. Als Jude im Kaiserreich sowie in der Weimarer Republik diskriminiert, war ihm die Ernennung zum Ordentlichen Professor verwehrt. Mit dem Beginn der Nazi-Diktatur erschwerte sich auch für Heinrich Finkelstein jegliche Berufsausübung; 1934 wurde ihm die Kassenzulassung entzogen und 1936 die Lehrbefugnis aberkannt. Doch Heinrich Finkelstein hatte sich sowohl in Deutschland als auch im Ausland aufgrund seiner fachlichen Kompetenz großes Ansehen erworben. Bedingt auch durch die ausländischen Karrieren einiger seiner Schüler erhielt er mehrere Einladungen ins Ausland, 1936/37 war er an der University of Chicago zu Gast. 1939 schließlich floh er vor dem Terror der Nationalsozialisten mit seiner Schwester Charlotte nach Chile, wo er im Januar 1942 verstarb. Heinrich Finkelstein war über Deutschland hinaus einer der großen Kinderärzte seiner Zeit und noch nach seinem Tode beeinflussten seine Werke die Kinderheilkunde.
Das Grußwort von Seiten des Landes Berlin sprach Frau Staatssekretärin Hella Dunger-Löper. Die Laudatio hielt Dr. Thomas Lennert.
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Fotos: © Historische Kommission zu Berlin e.V. (Ellen Franke) & Landesarchiv Berlin (Thomas Platow)
14. Juli 2016 — Gedenktafel-Enthüllung zu Ehren von Margarete & Franz Oppenheim — 16 Uhr, Zum Heckeshorn 38, 14109 Berlin
Das Landhaus Oppenheim, zunächst 1907/08 als Sommerdomizil für die Familie von Franz Oppenheim errichtet, durchlebte eine wechselvolle Geschichte. Es spiegelt pars pro toto die schicksalhaften Wendungen der deutschen Geschichte wider. Der Geheime Regierungsrat Dr.-Ing. h. c. Franz Oppenheim, in der chemischen Industrie u. a. als Generaldirektor der Agfa tätig, erbaute das Landhaus für sich und seine zweite Ehefrau Margarete. Als Architekten verpflichtete er keinen Geringeren als Alfred Messel, den äußerst erfolgreichen und in Berlin sehr produktiven Baumeister, quasi einen der Stararchitekten der Jahrhundertwende. Hier in Wannsee verbrachte die Familie die Sommermonate und genoss abgeschieden vom Großstadttrubel die ländliche Idylle. Margarete Oppenheim erlangte als Kunstsammlerin einen erstklassigen Ruf. Gemeinsam mit dem Kunsthändler Paul Cassirer als Berater trug sie im Landhaus eine bedeutende Sammlung zeitgenössischer Kunst zusammen. Der Schwerpunkt lag hierbei auf Werken des französischen Impressionismus (u. a. van Gogh, Manet und Cézanne). Zugleich wurde das Anwesen eine vitale und beliebte Begegnungsstätte von Künstlern, Galeristen und Wissenschaftlern; Albert Einstein und Max Liebermann gingen hier ein und aus. Kurzum: die Familie führte am Wannsee ein großbürgerliches Leben auf hohem kulturellem und gesellschaftlichem Niveau. Die Malerin Vita Petersen (1915-2011), Oppenheims Enkelin, wuchs hier auf. Nach 1934 verkauften die Erben der Oppenheims, Martha von Simson und Kurt Oppenheim, das Haus samt dem Grundstück, auf dem sich ein ausgedehnter und landschaftlich reizvoll gestalteter Garten erstreckte. Ab 1937 wurden verschiedene NS-Forschungseinrichtungen auf dem Gelände untergebracht, die u. a. den Vernichtungskrieg im Osten »wissenschaftlich« vorbereiteten und legitimierten. Nach dem Zweiten Weltkrieg beherbergte das unzerstörte Gebäude zunächst ein Reservelazarett. Später wurde das Krankenhaus Wannsee dort betrieben. 25 Jahre lang diente es als Drogentherapiezentrum. Seit 1983 steht das Gebäude unter Denkmalschutz, der Garten hingegen wurde durch mehrstöckige Wohnhäuser weitgehend überbaut. Seit 2008 werden die Räumlichkeiten durch die Internationale Montessorischule und das Montessori-Kinderhaus am Wannsee genutzt.
Mit dieser Gedenktafel ehrt das Land Berlin eine großbürgerliche Familie und deren Landhaus, das in der NS-Zeit von den Nationalsozialisten missbraucht und zweckentfremdet wurde. Wie in der gesamten Stadt zerstörten die Nationalsozialisten auch hier die kulturelle Vielfalt Berlins und zwangen wohlverdiente Mitbürger ins Exil, in den Freitod oder in die Deportation. Die Erben des Bauherrn verließen Deutschland, um der Barbarei zu entfliehen. Die Gedenktafel erinnert an die Glanzzeit des Gebäudes und mahnt die Aufrechterhaltung von kultureller, gesellschaftlicher und religiöser Vielfalt an.
Die Laudatio hielt Dr. Hans-Christian Jasch, Direktor der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz.
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Fotos: © Historische Kommission zu Berlin e.V. (Ellen Franke) & Landesarchiv Berlin (Thomas Platow)
1. Juli 2016 — Gedenktafel-Enthüllung zu Ehren von Ernst Fraenkel — 14 Uhr, Eschwegering 23, 12101 Berlin
Geboren und aufgewachsen in Köln studierte Fraenkel nach dem Einsatz im Ersten Weltkrieg Jura und Geschichte in Frankfurt am Main mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht. 1927 kam er nach Berlin, wo er sich rasch einen Namen als Rechtsanwalt machte und die Arbeiterbewegung als Syndikus des Deutschen Metallarbeiterverbandes unterstützte. Durch die Nationalsozialisten verfolgt, floh Fraenkel 1938 mit seiner Frau nach Chicago. Dort veröffentlichte er 1941 seine wegweisende Studie Der Doppelstaat, eine der ersten Analysen des nationalsozialistischen Staatswesens. In den folgenden Jahren arbeitete er teils als Jurist, teils als Wissenschaftler. 1951 kehrte er, zunächst in amerikanischem Auftrag, nach Berlin zurück. 1953 wurde er als Professor an die Freie Universität berufen. Dort wirkte er viele Jahre am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft und am John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien. Für seine herausragenden Verdienste wurden Ernst Fraenkel unter anderem das Große Bundesverdienstkreuz und die Berliner Verdienstmedaille verliehen.
Das Grußwort von Seiten des Landes Berlin sprach der Staatssekretär für Kulturelle Angelegenheiten, Tim Renner und die Laudatio hielt Prof. Dr. Michael Wildt.
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Fotos: © Historische Kommission zu Berlin e.V. (Ellen Franke)
2. Juni 2016 — Gedenktafel-Enthüllung zu Ehren von Rahel Hirsch — 17 Uhr, Kurfürstendamm 220, 10719 Berlin
Rahel Hirsch, 1870 in Frankfurt am Main geboren, wuchs in einem intellektuellen, jüdisch orthodox geprägten Elternhaus auf und schlug zunächst die pädagogische Laufbahn ein. Nach dem Abschluss der Lehrerinnenausbildung in Wiesbaden 1889 war sie knapp zehn Jahre in der von ihrem Vater geleiteten Höheren Töchterschule als Pädagogin tätig, bevor sie 1898 – 28jährig – ihr Medizinstudium in Zürich aufnahm. Das Studienverbot für Frauen in Deutschland zwang sie dazu, die Schweiz als Studienort zu wählen. 1903 schloss sie ihr Medizinstudium in Straßburg mit der Promotion ab, um noch im gleichen Jahr an die Charité, der deutschlandweit renommiertesten Klinik und Forschungsstätte, zu gehen. Dort wirkte sie 16 Jahre in einem männlich dominierten, zuweilen militärisch geprägten Umfeld. 1908 übernahm sie eine leitende Position. Sie veröffentlichte zahlreiche Aufsätze zu verschiedenen Forschungsfeldern der Inneren Medizin. Ihre anerkennenswerten wissenschaftlichen Leistungen führten dazu, dass ihr 1913 als erste Medizinerin in Preußen der Professorentitel verliehen wurde. Eine Lehrbefugnis war damit indes nicht verbunden. 1919 schied sie aus der Charité aus. Fortan betrieb sie in Charlottenburg eine eigene Praxis. Zu dieser Zeit hatte sie sich auf die moderne Röntgentechnologie spezialisiert.
Von einem Unbekannten im Oktober 1938 gewarnt, verließ sie über Nacht Berlin und konnte somit sehr knapp ihrer Deportation entgehen. In London kam sie zunächst bei ihrer Schwester unter, konnte jedoch beruflich nicht mehr Fuß fassen. Sie hätte – mittlerweile 68jährig – ihr Examen erneut ablegen müssen, wozu sie sich nicht imstande fühlte. Überqualifiziert verrichtete sie einfache Assistenzarbeiten im Labor. Unter dieser Exilsituation litt sie sehr. 1953 starb sie vereinsamt. Rahel Hirsch kann als eine sehr selbstbewusste und selbstbestimmte Frau beschrieben werden, die ihre Lebenskraft ihrer Passion widmete – der Medizin. Es gelang ihr, sich in einem männlich dominierten Berufsfeld erfolgreich durchzusetzen. Ihr Karriereweg in Preußen und in Berlin kann als ein frühes, bedeutendes Beispiel weiblicher Emanzipation gewertet werden. Für ihre Vorreiterrolle, die daran erinnert, wie schwer es für Frauen vor 100 Jahren war, sich selbst zu verwirklichen.
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Fotos: © Historische Kommission zu Berlin e.V. (Ellen Franke) & Landesarchiv Berlin (Thomas Platow)