14. Juli 2016 — Gedenktafel-Enthüllung zu Ehren von Margarete & Franz Oppenheim — 16 Uhr, Zum Heckeshorn 38, 14109 Berlin

Das Landhaus Oppenheim mit der (noch verhüllten) Gedenktafel.

Das Landhaus Oppenheim, zunächst 1907/08 als Sommerdomizil für die Familie von Franz Oppenheim errichtet, durchlebte eine wechselvolle Geschichte. Es spiegelt pars pro toto die schicksalhaften Wendungen der deutschen Geschichte wider. Der Geheime Regierungsrat Dr.-Ing. h. c. Franz Oppenheim, in der chemischen Industrie u. a. als Generaldirektor der Agfa tätig, erbaute das Landhaus für sich und seine zweite Ehefrau Margarete. Als Architekten verpflichtete er keinen Geringeren als Alfred Messel, den äußerst erfolgreichen und in Berlin sehr produktiven Baumeister, quasi einen der Stararchitekten der Jahrhundertwende. Hier in Wannsee verbrachte die Familie die Sommermonate und genoss abgeschieden vom Großstadttrubel die ländliche Idylle. Margarete Oppenheim erlangte als Kunstsammlerin einen erstklassigen Ruf. Gemeinsam mit dem Kunsthändler Paul Cassirer als Berater trug sie im Landhaus eine bedeutende Sammlung zeitgenössischer Kunst zusammen. Der Schwerpunkt lag hierbei auf Werken des französischen Impressionismus (u. a. van Gogh, Manet und Cézanne). Zugleich wurde das Anwesen eine vitale und beliebte Begegnungsstätte von Künstlern, Galeristen und Wissenschaftlern; Albert Einstein und Max Liebermann gingen hier ein und aus. Kurzum: die Familie führte am Wannsee ein großbürgerliches Leben auf hohem kulturellem und gesellschaftlichem Niveau. Die Malerin Vita Petersen (1915-2011), Oppenheims Enkelin, wuchs hier auf. Nach 1934 verkauften die Erben der Oppenheims, Martha von Simson und Kurt Oppenheim, das Haus samt dem Grundstück, auf dem sich ein ausgedehnter und landschaftlich reizvoll gestalteter Garten erstreckte. Ab 1937 wurden verschiedene NS-Forschungseinrichtungen auf dem Gelände untergebracht, die u. a. den Vernichtungskrieg im Osten »wissenschaftlich« vorbereiteten und legitimierten. Nach dem Zweiten Weltkrieg beherbergte das unzerstörte Gebäude zunächst ein Reservelazarett. Später wurde das Krankenhaus Wannsee dort betrieben. 25 Jahre lang diente es als Drogentherapiezentrum. Seit 1983 steht das Gebäude unter Denkmalschutz, der Garten hingegen wurde durch mehrstöckige Wohnhäuser weitgehend überbaut. Seit 2008 werden die Räumlichkeiten durch die Internationale Montessorischule und das Montessori-Kinderhaus am Wannsee genutzt.

Mit dieser Gedenktafel ehrt das Land Berlin eine großbürgerliche Familie und deren Landhaus, das in der NS-Zeit von den Nationalsozialisten missbraucht und zweckentfremdet wurde. Wie in der gesamten Stadt zerstörten die Nationalsozialisten auch hier die kulturelle Vielfalt Berlins und zwangen wohlverdiente Mitbürger ins Exil, in den Freitod oder in die Deportation. Die Erben des Bauherrn verließen Deutschland, um der Barbarei zu entfliehen. Die Gedenktafel erinnert an die Glanzzeit des Gebäudes und mahnt die Aufrechterhaltung von kultureller, gesellschaftlicher und religiöser Vielfalt an.

Die Laudatio hielt Dr. Hans-Christian Jasch, Direktor der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz.

Das Programm finden Sie hier.

Fotos: © Historische Kommission zu Berlin e.V. (Ellen Franke) & Landesarchiv Berlin (Thomas Platow)