2013 — Abgeschlossenes Drittmittelprojekt (Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin)
Verfolgte Ärztinnen und Ärzte des Berliner öffentlichen Gesundheitswesens
(1933 bis 1945)
Mit dem ‚Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums‘ vom 7. April 1933 schufen die NS-Machthaber die formal-rechtliche Grundlage zur Entlassung von Mitarbeitern des Öffentlichen Dienstes aus rassischen und politischen Gründen. Dem Verlust der beruflichen und damit zumeist auch der materiellen Existenz folgte dann die soziale Ausgrenzung. Die Betroffenen und ihre Angehörigen mußten emigrieren, begingen Selbstmord oder wurden deportiert und ermordet.
Die Folgen dieser Unrechtsmaßnahmen für das öffentliche Gesundheitswesen in Berlin waren bislang noch nicht zusammenhängend erforscht worden. Nicht einmal die Größe der betroffenen Gruppe konnte klar beziffert werden. Es war aber davon auszugehen, dass nach 1933 mindestens 1.500 Ärztinnen und Ärzte entlassen wurden. Mehr als 60 Jahre nach dem Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft musste festgestellt werden, dass bis auf Einzelfälle weder das Schicksal der Ärztinnen und Ärzte noch das der übrigen Bediensteten bekannt war. Weitgehend unbekannt war auch, welche fatalen Folgen der nach 1933 herbeigeführte Ärztemangel für die Bevölkerung hatte – Folgen, die sich durch den Krieg dann nochmals dramatisch verschlimmern sollten.
All diesen Fragen ging das von der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin finanzierte und von der Historischen Kommission in Kooperation mit dem Landesarchiv Berlin, dem Institut für Geschichte der Medizin (Charité – Universitätsmedizin Berlin) sowie der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales realisierte Projekt nach. Es zielte darauf ab, Informationen für ein ehrendes Gedenken an die verfolgten Mitarbeiter des öffentlichen Gesundheitsdienstes bereitzustellen. Gleichzeitig können diese Informationen auch als Materialien für die politische Bildungsarbeit dienen.
Es wurden die Schicksale der verfolgten Ärztinnen und Ärzte sowie der übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Gesundheitswesen Berlins dokumentiert und im Spannungsfeld mit dem stetig wachsenden Leid der Bevölkerung und den Problemen zur Aufrechterhaltung einer öffentlichen Gesundheitsfürsorge untersucht. In einer Internet-Datenbank werden die Ergebnisse einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Eine Besprechung der Datenbank von Markus Schnöpf finden Sie hier.
Zugleich wurde mit einer Gedenkveranstaltung am 22. November 2013 in der Hörsaalruine im Berliner Historischen Museum - Campus Charité das abgeschlossene Projekt der Öffentlichkeit präsentiert. Ein Gedenkbuch wird gegenwärtig von den beiden Projektbearbeitern Dr. Susanne Doetz und Dr. Christoph Kopke vorbereitet; es soll unter dem Titel ‚und dürfen das Krankenhaus nicht mehr betreten‘. Der Ausschluss jüdischer und politisch unerwünschter Ärzte und Ärztinnen aus dem Berliner Städtischen Gesundheitswesen, Berlin (Hentrich & Hentrich) erscheinen.
Gefördert wurde das Projekt von der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin.