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Das markgräfliche Zollprivileg für die Brandenburger Bürger von 1170

Im Namen der heiligen, ungeteilten Dreifaltigkeit. Allen Gläubigen, den gegenwärtigen wie den zukünftigen, sei jetzt und in alle Ewigkeit bekannt: Ich, Otto, von Gottes Gnaden Markgraf von Brandenburg, und meine Gemahlin Judith sowie unsere Söhne, der größere, Otto, und der kleinere, Heinrich, erkennen an, dass die Herrschaft und der Titel unseres Namens und Amtes uns von Gott auferlegt worden ist, damit wir Väter der Waisen und Anwälte der Witwen seien. Überdies sollen wir die Verfehlungen, in die wir durch unsere weltlichen Aufgaben hineingezogen werden, durch reichliches Spenden von Almosen sühnen. Deshalb befreien wir unsere Brandenburger Bürger, die zu uns kommen und unsere Gunst erflehen, von allen Zollabgaben von nun an und in alle Ewigkeit.

 

Es trug sich aber zu, dass der genannte Markgraf, der in seiner Burg Havelberg seinem allgemeinen Gerichtstag, der in der Volkssprache Botding heißt, zur Rechtsweisung vorsaß, von seinen Großen (barones)[1] erfragte, welche Burg seines Fürstentums einen besonders vornehmen Namen trage. Da erhob sich Burchard, einer der Ersten im Rat und am Hof des Herrn Markgrafen, und antwortete für alle und vor allen Umsitzenden: Vor den übrigen Burgen der ganzen Mark – die Brandenburg, sie hat einen ruhmreichen und weithin bekannten Namen als königliche Burg, kaiserliche Kammer und Bischofssitz.

 

Deshalb wurde nach gemeinsamer Beratung des Markgrafen und seiner Großen (primatibus) den Brandenburger Bürgern die Freiheit gewährt, in dem gesamten unserer [übergeschrieben: seiner] Herrschaft unterworfenen Land ohne Zoll zu kaufen und zu verkaufen. Den Zoll von den Fischen aber überließ er ihnen nicht insgesamt, sondern nur von Heringen, [übergeschrieben: Stören], Maränen[2] und Lachsen. Jeder, der versuchen sollte, die dauernde Geltung dieser Abmachung zu verletzen, muss wissen, dass ihn der Zorn des Markgrafen von Brandenburg und seiner Nachfolger treffen wird. Gegeben im Jahre 1170 nach der Geburt des Herrn, zur Zeit der Herrschaft des Herrn Kaisers F[riedrich] und des Herrn Bischofs Wilmar von Brandenburg vor glaubwürdigen Zeugen. Dies hat geschrieben Wirich Francigena, der Kaplan des Herrn Markgrafen Otto.


[1] Barones entspricht offenbar dem im dritten Teil gebrauchten Wort primates.

[2] Zur Gleichsetzung der Muränen der Urkunde mit den Maränen vgl. Schich, Muräne oder Maräne?