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Das Berliner Gedenktafel-Programm – »Gedenken auf Porzellan«

Mit einer Berliner Gedenktafel sollen Personen, Institutionen, historisch bedeutsame Ereignisse sowie Gebäude geehrt werden, deren Name bzw. Funktion für Berlin eine überregionale Bedeutung besitzen. Wichtige Bewertungskriterien des Historischen Beirats sind deshalb die gesamtstädtische Bedeutung und die Gegenwartsrelevanz der Person, des Ortes oder des Ereignisses sowie die Repräsentation gesellschaftlicher Vielfalt und die Abbildung unterschiedlicher historischer Phasen. Mittlerweile sind innerhalb dieses Programms ca. 460 Gedenktafeln realisiert worden, überwiegend an Gebäuden, die mit den zu Ehrenden in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen.

Die Tafeln werden sowohl vom Land Berlin als auch – ab 2007 – von der GASAG Berliner Gaswerke AG als Hauptsponsor finanziert. In der Vergangenheit unterstützten jedoch auch zahlreiche Institutionen und Privatpersonen das Programm.

Mittlerweile wird das Berliner Gedenktafel-Programm nicht mehr ausschließlich von der Historischen Kommission betreut, sondern seit 2013 gemeinsam mit dem Verein Aktives Museum Faschismus und Widerstand in Berlin e.V. Eine Übersicht über die bis 2014 von der HiKo realisierten Gedenktafeln finden Sie in dem  Band Gedenken auf Porzellan von Rosemarie Baudisch und Wolfgang Ribbe. Auf der Website www.gedenktafeln-in-berlin.de  sind sämtliche Gedenktafeln Berlins erfasst - auch die anderer Tafel-Programme.

Gedenken und erinnern – das Ziel des Berliner Gedenktafel-Programms

Auf ihrer Odyssee durch die Jahrtausende haben die Menschen eine Vielzahl von Spuren hinterlassen, die an das eigene Leben und Wirken erinnern sollen, an alltägliche oder außerordentliche Ereignisse, an die Stätte siegreicher Schlachten oder vernichtender Niederlagen, aber auch an herausragende Persönlichkeiten, an Feldherren, an Könige und Kaiser, an Märtyrer und Päpste. Gedenken und Erinnern haben also eine lange Tradition und wurden in verschiedenen Formen dargestellt: Als Höhlen- und Felsmalerei, als Pyramide, als Gedenkstein bzw. -stätte, als Denkmal oder Mausoleum. Soweit sie Persönlichkeiten betrafen, blieben sie jedoch zunächst Herrschergestalten, siegreichen Feldherren oder herausragenden Gelehrten vorbehalten. Erst seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war es üblich, auch verdienstvolle Bürger mit in das Gedenken einzubeziehen. Zunächst geschah dies in Form eines Denkmals oder eines Straßennamens, beides allerdings häufig ohne einen direkten örtlichen Bezug zu dem Geehrten. Erst allmählich ging man dazu über, einen solchen unmittelbaren Zusammenhang herzustellen, zum Gedenken – und zur Erinnerung.

Dieses Ziel verfolgt auch das Berliner Gedenktafel-Programm – es will gedenken und erinnern: Erinnern an die Vergangenheit Berlins, an seine Entwicklung zur Residenzstadt, dann zur Hauptstadt Preußens und später des Deutschen Reiches, an Triumph und Niederlage, an Verfolgung, Unterdrückung und Widerstand, an Zerstörung und Wiederaufbau, an Teilung und Wiedervereinigung – erinnern aber vor allem an Menschen, deren Wirken untrennbar mit der Geschichte der Stadt Berlin verbunden ist, einer Stadt, die mit eben dieser Geschichte nicht immer pfleglich umgegangen ist und umgeht.

Nicht zuletzt ermöglicht es der Stadt Berlin im Rahmen des Europäischen Denkmalschutzprogramms  den Anschluss an vergleichbare europäische Metropolen wie z. B. London, Paris oder Wien.

Geschichte

Auf Initiative des damaligen Landeskonservators beschlossen die Gründungsväter des Berliner Gedenktafel-Programms 1984, im Rahmen der 750-Jahr-Feier Berlins (1987) prominente Bürger und historische Stätten in einem gemeinsamen Programm mittels einer Gedenktafel zu ehren. Eine federführende Rolle sollten hierbei die einzelnen Bezirksämter übernehmen. Das Programm war teilungsbedingt auf West-Berlin beschränkt. Jeder Bezirk erhielt die Zusage auf Finanzierung von jeweils 25 Tafeln bis Ende 1987. Zur 750-Jahr-Feier selbst war ein Gedenktafelführer geplant, der alle angebrachten Gedenktafeln auflisten und ihre Standorte aufzeigen sollte. Auch ein Sponsor war bereits gefunden, die Berliner Sparkasse, die zur Realisierung des Projektes einen ansehnlichen Betrag zur Verfügung gestellt und einen Wettbewerb ausgelobt hatte. Sieger des Wettbewerbs war der Graphikdesigner Wieland Schütz. 

Allerdings war nicht jeder Bezirk von der Idee einer einheitlich gestalteten Berliner Gedenktafel angetan (Spandau und Kreuzberg schlossen sich erst nach längerer Bedenkzeit dem Programm an), und auch von den Hauseigentümern kamen Vorbehalte der unterschiedlichsten Art. Insbesondere Gedenktafeln, die an Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus erinnern sollten, stießen noch vielfach auf Ablehnung. Doch es gab auch andere Probleme. Viele Häuser, die einmal Wohnort der zu ehrenden Personen gewesen waren, standen nicht mehr bzw. noch nicht wieder, Grundstücke hatten in der Zwischenzeit eine Umwidmung (zum Beispiel in Spielplätze) erfahren. Das für 1987 anvisierte Ziel von 25 Gedenktafeln pro Bezirk wurde jedenfalls deutlich verfehlt.

Die Wiedervereinigung Berlins bot die Möglichkeit, das Programm nun auch auf die ehemaligen Ost-Berliner Bezirke und damit auf den historischen Kern der Stadt auszudehnen. Zur Realisierung stiftete die Berliner Sparkasse abermals eine beachtliche Summe. Doch die lange Anlaufphase bei der Bildung der neuen Bezirksämter im Ostteil der Stadt, die oft ungeklärten Eigentumsverhältnisse an Grundstücken und Gebäuden, aber auch die durch die Regierung der DDR vorgenommenen zahlreichen Straßenumbenennungen, die eine schnelle Lokalisierung des anvisierten Gebäudes erschwerten, kosteten viel Zeit und verhinderten eine zügige Umsetzung des Gedenktafel-Programms in den neu hinzugekommenen Bezirken. Als sich dann noch 1997 die Königliche Porzellanmanufaktur (KPM), die Herstellerin der Porzellantafeln, gezwungen sah, nach zwölf Jahren die Kosten für die Fertigung einer Gedenktafel den Zeichen der Zeit anzupassen, schrumpften die zur Verfügung gestellten Mittel schnell, so dass dem Projekt im Jahr 2000 das Ende drohte.

Doch das befürchtete Ende kam nicht: Durch die Unterstützung des damaligen Vorsitzenden des Vereins der Freunde & Förderer der Historischen Kommission zu Berlin e.V., Staatssekretär a. D. André Schmitz, gelang es 2007, die GASAG Berliner Gaswerke AG als neuen Hauptsponsoren zu gewinnen. Auch zahlreiche Institutionen und Privatpersonen unterstützen das Berliner Gedenktafel-Programm, das seit seiner Gründung bislang über 450 Gedenktafeln realisiert hat.