Der Berliner Unwille
Beim nachfolgenden Text handelt es sich nicht um eine reine Transkription, sondern um eine Angleichung des Quellentextes an den heutigen Sprachgebrauch, wobei der Autor bemüht war, die Begrifflichkeiten und Satzkonstruktionen der Vorlage – soweit wie möglich – beizubehalten. Diese Art der Inhaltswiedergabe erleichtert den Zugang zum Quellentext wesentlich.
Urkunde über die Unterwerfung der Städte Berlin und Cölln gegenüber dem Kurfürsten Friedrich II.
1442 August 29
Wir, Bürgermeister, Ratsherrn (Ratmannen), Vierwerke (= die vier wichtigsten Zünfte: Knochenhauer/Fleischer, Schuster/Schuhmacher, Wollenweber/Tuchmacher und Bäcker), Innungsmeister (= der kleineren Gewerbe) und ganze (Stadt )Gemeinde, also alle Bürger, arme und reiche, der Städte Berlin und Cölln in der Mark Brandenburg an der Spree gelegen, bekennen für uns und für alle unsere Erben und Nachfolger (Nachkommen), die von nun an bis in ewige Zeiten in die genannten beiden Städte Berlin und Cölln kommen und dort wohnhaft sein werden, öffentlich mit dieser unserer Urkunde (Brief), dass wir in Ungnade des erlauchten, hochgeborenen Fürsten und Herrn, Herrn Friedrichs, Markgrafen zu Brandenburg, des Heiligen Römischen Reiches Erzkämmerers und Burggrafen zu Nürnberg, unseres gnädigen, lieben Herrn, gekommen sind wegen mannigfaltiger Schuld, Streitsache und Anklage, die Seine Gnaden gegen uns erhoben und zu haben gemeint hatte, was im Einzelnen beide Städte betreffend nicht zu berichten notwendig ist. Dennoch haben unseres genannten gnädigen Herrn Räte, Gefolgsleute (Mannen) und etliche Städte gegenüber Seinen Gnaden mit Fleiß vermittelt (verbeden) und die Streitsachen mit Seinen Gnaden zur Verhandlung (in dedinge) gebracht, wofür wir ihnen bestens danken. Und sie haben sich unseretwegen darum bemüht und zwischen dem genannten unseren gnädigen Herrn und uns vermittelt und verhandelt, wie hernach geschrieben steht, so dass wir, die oben genannten Bürgermeister, Ratsherren, Vierwerke, Innungsmeister und ganze Gemeinde der genannten beiden Städte für uns und für alle unsere Erben und Nachfolger, die für ewige Zeiten in den genannten unseren beiden Städten wohnhaft sein werden, dem genannten unseren gnädigen Herrn, Markgrafen Friedrich (II.), und unserem gnädigen Herrn Markgrafen Friedrich dem Jüngeren (dem Jungesten), Seiner Gnaden Bruder, allen ihren Erben und Nachfolgern, Markgrafen zu Brandenburg, mit großer Eintracht, mit gutem Rat, mit Wissen und Willen aller Einwohner der genannten beide Städte gegönnt, erlaubt, zugelassen und unseren guten Willen dazu gegeben haben:
Nämlich, dass die genannten unsere gnädigen Herren, ihre Erben und Nachfolger, Markgrafen zu Brandenburg, in der genannten Stadt Cölln bei dem Kloster des Prediger-Ordens (= Dominikaner) bauen dürfen und mögen, was Ihren Gnaden, ihren Erben und Nachfolgern, Markgrafen zu Brandenburg, dort geeignet und angemessen (beqweme) erscheint, nämlich genauer gesagt, die Stätte von dem Kloster des Prediger-Ordens, angefangen von der Klosterpforte nach der langen Brücke bis an die Spree, die Spree entlang flussabwärts bis an die Stadtmauer, alles, was in dem Raum und Winkel begriffen ist, und dazu den Werder (die Flussinsel), angrenzend an den Baugrund jenseits der Stadtmauer und des Grabens bis an die Spree; dazu die Stadtmauer von der Spree bis gegen das Kloster und die Klostermauer entlang bis an die (dortige) Stadtmauer, und zwar mit Türmen, Wikhäusern (= Türmen der Stadtbefestigung) und Gräben, so wie es die genannten unsere gnädigen Herren, Ihrer Gnaden Erben und Nachfolger, Markgrafen zu Brandenburg, auf den genannten Stätten mit Toren, Mauern und Brücken, hinten und vorne, hinein und heraus, wo ihnen das geeignet erscheint, bauen mögen. Dazu sollen sie volle Gewalt und Macht haben und ewig behalten, von uns allen ungehindert und auch von allen unseren Erben und Nachfolgern, ohne Arglist und Täuschung.
Auch haben wir mit derselben Eintracht und mit gutem Willen den oben genannten unseren gnädigen Herren, ihren Erben und Nachfolgern, Markgrafen zu Brandenburg, das Rathaus zwischen den genannten beiden Städten auf der Spree( brücke) und die obere und niedere Gerichtsbarkeit in den genannten beiden Städten Berlin und Cölln und dazu die Niederlage (= Verpflichtung fremder Kaufleute, ihre Waren auf dem Markt zum Verkauf anzubieten und zu verzollen) und was zu denselben oberen und niederen Gerichten und zu der Niederlage bisher gehört hat, wiedergegeben und geben ihnen dies alles freiwillig wieder, in Kraft und Macht dieser Urkunde, innezuhaben, zu behalten und zu gebrauchen, zu ihrem Nutz und Frommen, Richter einzusetzen und zu entsetzen nach ihrem und ihrer Nachfolger Willen, wie ihnen das vorteilhaft (beqweme) sei, wie das alles auch zuvor bei der Herrschaft der Markgrafschaft Brandenburg gewesen sei; doch mit dem Unterschied, dass wir und unsere ansässigen Mitbürger ihre Kaufmannschaft und Güter nicht niederlegen müssen. Jedoch soll niemand von uns allen, noch von unseren Nachfolgern, unserer Herrschaft zum Schaden an der Niederlage fremdes Gut verhandeln/veräußern; handelte jemand dagegen, der handelt auf eigenes Risiko (eventhure, Abenteuer).
Auch ist es wohl bekannt und offenbar, dass wir uns alle einträchtig gegenüber den genannten unseren gnädigen Herren, ihren Erben und Nachfolgern, Markgrafen zu Brandenburg, verpflichtet und dies beurkundet und besiegelt haben, wie und welcher Maßen wir uns mit dem Rat und der Ordnung des Rates (= besonders bei der Ratswahl) in den genannten beiden Städten Berlin und Cölln gegenüber den genannten unseren gnädigen Herren und ihren Erben und Nachfolger verhalten sollen. Und was dieselben unsere Urkunden, die wir unseren gnädigen Herren, ihren Erben und Nachfolgern, Markgrafen zu Brandenburg, gegeben haben, darüber hinaus beinhalten und ausweisen, konfirmieren und bestätigen wir den genannten gnädigen Herren, ihren Erben und Nachfolgern, Markgrafen zu Brandenburg, mit dieser Urkunde zu halten, ohne Widerspruch, Arglist und Täuschung.
In Sonderheit haben wir, die oben genannten Bürgermeister, Ratsherren, Vierwerke, Innungsmeister und ganze Gemeinde der genannten beiden Städte Berlin und Cölln, für uns und für alle unsere Erben und Nachfolger den genannten unseren gnädigen Herren, ihren Erben und Nachfolgern, Markgrafen zu Brandenburg, zugesagt und gelobt, sagen zu und geloben mit dieser Urkunde, sie an den oben gegebenen Zusagen, namentlich an dem Bauvorhaben (gebuwe), an dem Gericht, an der Niederlage, an dem Haus auf der Spree( Brücke) noch an irgend welchen oben genannten Sachen keinesfalls zu beeinträchtigen (irren), sondern alles die genannten unsere gnädigen Herren, ihre Erben und Nachfolger, Markgrafen zu Brandenburg, ungehindert behalten und besitzen zu lassen, nach Ihrer Gnaden Willen, Nutz und Frommen.
Und weder werden wir noch wollen wir nun hinfort etwas wider die genannten unsere gnädigen Herren, ihre Erben und Nachfolger, Markgrafen zu Brandenburg, nimmer mehr tun, sondern für ewige Zeiten ihre, ihrer Erben und der Herrschaft des Markgrafentums zu Brandenburg willige, untertänige und gehorsame Bürger und Untertanen (undersaten) sein und bleiben ohne Ausrede, ohne Arglist und ohne alle Täuschung.
Daraufhin haben uns die genannten unsere gnädigen Herren den Tempelhof mit allen Dörfern und Gütern erneut übereignet, wie wir ihn von dem Orden der Johanniter gekauft haben, und haben uns Ihrer Gnaden Bestätigungsurkunde darüber gegeben, die dies klar beinhaltet und ausweist; jedoch in der Weise, dass die genannten unsere gnädigen Herren, ihre Erben und Nachfolger, ihre Rossdienste, Wagendienste, Quartierrechte (?), Heerwagen, Landbeden (= Sondersteuern) und alle anderen herrschaftlichen Gerechtigkeiten daran haben und behalten sollen, wie sie sie und die Herrschaft zu Zeiten des Ordens daran gehabt und nun weiterhin zur Verfügung (in geweren) haben, ohne jeglichen Widerspruch und ohne jede Arglist.
Alle diese zuvor geschriebenen Stücke, Punkte und Artikel und jeder in Sonderheit, was von uns (= uns betreffend), unseren Erben und Nachfolgern in dieser Urkunde geschrieben steht, erklären und geloben wir, zuvor genannte Bürgermeister, Ratsherren, Vierwerke, Innungsmeister und ganze Gemeinde der genannten beiden Städte Berlin und Cölln, für uns, unsere Erben und Nachfolger den genannten unseren gnädigen Herren, Markgraf Friedrich dem Ältesten (Älteren) und Markgraf Friedrich dem Jüngsten (Jüngeren), Seiner Gnaden Bruder, ihren Erben, Nachfolgern, Markgrafen zu Brandenburg, getreulich, stet, fest und ungebrochen ewig zu halten und nicht zu verletzen (zu zerbrechen), ohne Ausrede, Arglist und ohne jegliche Täuschung.
Hierbei waren zugegen und diese oben verzeichneten Sachen haben verhandelt und vermittelt die wohlgeborenen, würdigen, edlen, gestrengen, ehrbaren und ehrsamen, unsere gnädigen und uns günstig (gesonnenen) lieben Herren und Freunde, Herr Albrecht, Graf von Lindow und Herr zu Ruppin, Herr Johannes, Abt von Lehnin, Herr Tobias, Abt von Chorin, Herr Hans von Torgau, Herr zu Zossen, Herr Hans von Waldow, Ritter, Herr Hans von Liechtenstein, Ritter, Herr Franz Steger, Propst von Berlin, Herr Hinrik Rotenborg, Mattisz von Bredow der alte, Wilhelm Vosz, unseres gnädigen Herrn Marschall, Heintze Kracht, seiner Gnaden Kanzler, Hans von Bredow, Heyne Puel, Achim Hake, Arnd Crummensee, Ebel von Arnym, Geverd Schapelow, Cune Barfud, Wilhelm von der Lype, alle unserer genannten gnädigen Herren Räte und Gefolgsleute (Mannen), Merten Winsz, Henrik Ryman und Fritze Belkow, Bürgermeister und Ratsherren zu Frankfurt (Oder), Materne Wardenberg, Severin Kyn, Jacopp Vosz, Hans Motzeltin, Jorge Helmbrecht und Mattis Hoenow, Bürgermeister und Ratsherren zu Spandau, Jacob Ringenwolde, Hans Yden und Clawsz Frysen von dem Rat zu Bernau und viele weitere glaubwürdige Leute. Zu wahrer Urkunde und auch zu größerer Sicherheit und Bekenntnis haben wir, die oben genannten Bürgermeister, Ratsherren, Vierwerke alle, für uns und die Innungen sowie für die ganze Gemeinde und für alle unsere Nachfolger unsere Siegel an diese Urkunde hängen lassen, die wir von (= für) alle Innungen und ganze Gemeinde mit gebrauchen, die geschrieben und gegeben ist nach Gottes Geburt vierzehnhundert Jahre und danach im zweiundvierzigsten Jahr am Mittwoch, am Tag der Enthauptung (decollationis) des Heiligen Johannes, in der Stadt Berlin.
Zehn angehängte Siegel an Pergamentstreifen mit Beschriftung (von links nach rechts): 1. Rat zu Berlin, 2. Rat zu Cölln, 3. Knochenhauer zu Berlin, 4. Knochenhauer zu Cölln, 5. Schuster zu Berlin, 6. Schuster zu Cölln, 7. Wollweber zu Berlin, 8. Wollweber zu Cölln, 9. Bäcker zu Berlin, 10. Bäcker zu Cölln.